Die „Bildersuche“ ist ein partizipatives Street-Art-Format, das Tim Ossege alias seiLeise 2020 während des Corona-Lockdowns in Köln-Mülheim entwickelte, um Kunst im öffentlichen Raum auch Menschen zugänglich zu machen, die bislang wenig mit Street Art in Berührung gekommen sind. Kern des Konzepts ist eine interaktive Entdeckungstour: per Google-Maps-Karte erhalten Teilnehmende grobe Hinweise, nicht genaue Standorte, und werden so dazu angeregt, Street Art in ihrer Umgebung bewusster wahrzunehmen – ein künstlerisches Hinführen zu visueller Aufmerksamkeit im Alltag.
Die erste Ausgabe, die Bildersuche Köln, startete am 8. November 2020 auf einer Route entlang des Rheins zwischen Stammheim und Deutz (bzw. Severinsbrücke). Seitdem wird sie kontinuierlich von seiLeise betreut und entwickelt — stets mit neuen Werken bestückt — und lädt Besucher:innen regelmäßig ein, den Streckenverlauf und die angrenzenden Stadtteile neu zu erkunden. Die Karte verzeichnet mittlerweile knapp eine Millionen Aufrufe, was das große Interesse unterstreicht.
Im Dezember 2020 übertrug seiLeise das Konzept erstmals nach Hamburg-Harburg. Gemeinsam mit weiteren Künstlern verteilte er dort rund 20 Werke im Binnenhafen. Begleitend wurde eine Google-Maps-Karte veröffentlicht, die eine spielerische Orientierung ermöglichte, ohne den konkreten Fundort preiszugeben.
Nur kurze Zeit später folgte die erste Edition in Hamburg-Mümmelmannsberg, initiiert von seiLeise, organisiert und vermarktet über die Urbanshit Gallery und in Kooperation mit ProQuartier Hamburg. In der „Street Art Bildersuche“ 2022/2023 wurden etwa 100 Kunstwerke von zahlreichen internationalen Street-Art-Künstler:innen – darunter seiLeise – im gesamten Stadtteil installiert. Eine digitale Karte diente erneut als Wegweiser. Auch hier wurden mehrere Hunderttausend Kartenaufrufe gezählt, die das große Interesse an dem Format in einem neuen Stadtteil belegen.
Im Sommer 2023 führte seiLeise die Bildersuche in Bonn ein — in der Bonner Altstadt mit etwa 14 teilnehmenden Künstler:innen, darunter Tom Weeks als treibende Kraft. Die digitale „Bilder-Straßenkarte“ motivierte Interessierte zur selbstständigen Erkundung, zusätzlich wurde eine Challenge angeboten. Eine zweite Runde folgte im Februar 2024, parallel zur Ausstellung „Street Legacy Vol. 2“ im Love Your Local Store. Auch Bonn verzeichnete eine hohe Karten-Nutzung, allerdings variierend und ohne fixe Zahlen.
Während die meisten Editionen temporär sind — sie kehren zwar gelegentlich zurück, werden aber nicht dauerhaft betreut — stellt die Kölner Bildersuche entlang des Rheins eine Ausnahme dar: Sie wird seit ihrer Erschaffung regelmäßig aktualisiert und bleibt ein sich mit dem Künstler weiterentwickelndes Werk.
seiLeise ist seit etwa 2010 als Street Artist aktiv, spezialisiert auf Techniken wie Stencil, Paste-Up und Reverse-Graffiti. Seine Bildsprache ist reduziert und oft in Schwarz-Weiß gehalten, vermittelt poetische Naivität und subtile Kritik. Motive wie das „Mondmädchen“ oder humorvolle Alltagsszenen eröffnen oft eine zweite Bedeutungsebene.
Insgesamt zeigt sich: Die „Bildersuche“ verbindet urbane Kunst, partizipative Stadterkundung und niedrigschwellige Vermittlung. Sie erreicht Menschen, die bislang wenig mit Street Art zu tun hatten, durch das schrittweise Aufbrechen visueller Gewohnheiten. Die Nutzung digitaler Karten und die subtile Platzierung der Kunstwerke machen jeden Spaziergang zu einer urbanen Schatzsuche — in Köln dauerhaft, in Hamburg und Bonn temporär präsent, aber stets mit dem Ziel, Perspektiven neu zu schärfen und Stadt durch Kunst erfahrbar zu machen.